Sedlitzer Kletterfelsen - Neue Attraktion freigegeben
Die „Schulter“ vom Sedlitzer Kletterturm kann jetzt mit einer imposanten Höhe von 13 Metern bestiegen werden. Nach der offiziellen Übergabe ließen sich die Sedlitzer Bergfreunde nicht lange bitten. Das sind die ersten Eindrücke.
Fein rieselt der Sand herab. Der Beton vom neuen Kletterfelsen auf dem Sedlitzer Sportplatz ist noch ganz frisch. Fast könnte man meinen, vor einer Felsnadel im Elbsandsteingebirge zu stehen. Die Kletterer vom Verein der Sedlitzer Kletterfreunde schütteln sich nach der offiziellen Übergabe samt gemeinsamen Singen vom Lied der „Bergvagabunden“ begeistert die Unterarme.
Mehrere Seile hängen vom Gipfel herunter. „Toprope“, so heißt die Sicherungsform, bei der die Kletterer den Fels empor klettern, während sie von oben am Seil gesichert sind. An mehreren Einstiegen rund um den Fels demonstrieren die Seilschaften den interessierten Besuchern, wie es funktioniert.
Kletterer Lukas Büther: „Der große Felsen ist echt schwer“
Und während sich die ersten Gipfelstürmer bereits die engen Kletterschuhe schnüren, steht Lukas Büther (32) am Rand und schaut zu. „Ich war heute Blut spenden“, erklärt er mit Blick auf den verbundenen Arm. Seit etwa einem Jahr Mitglied der Sedlitzer Bergfreunde, habe er den Kletterfelsen aber schon in der vergangenen Woche getestet.
„Der große Felsen ist echt schwer“, sagt er. Fast habe er den Gipfel erreicht. „Ein Drittel fehlte“, sagt er. In der Kletterhalle im Gesundheitsclub „Vital“ in Senftenberg falle ihm das Klettern leichter. Motivierend an dem Sport sei, dass es immer Luft nach oben gibt. „Wenn man an der Technik feilt, macht man auch Fortschritte“, erklärt er.
Alle Griffe und Tritte in Sedlitz in die Felsstruktur eingearbeitet
Bunte Plastegriffe, wie man sie aus den Kletterhallen oder vom Kletterfelsen in Krauschwitz bei Weißwasser kennt, sucht man am Sedlitzer Kletterfelsen vergeblich. Wie Diana Petermann (49), erste Stellvertreterin im Vorstand der Sedlitzer Bergfreunde und Leiterin der Mittwochs-Übungsgruppe für Erwachsene, erklärt, wurden sämtliche Griffe und Tritte in die Struktur des Spritzbetons eingearbeitet.
„Auch Sanduhren“, sagt sie. Diese typische Verwitterungsform des Sandsteins nutzen traditionelle Kletterer in der Sächsischen Schweiz zum Legen von Schlingen. Denn um die kletterbedingte Erosion aufzuhalten, sind dort Bohrhaken oder die Benutzung von Magnesia tabu. Das weiße Puder, das sich auch Turner in die schwitzigen Hände reiben, um besseren Halt zu haben, darf auch am Sedlitzer Kletterfelsen vorerst nicht verwendet werden. „Aufgrund der Pflege“, so Diana Petermann.
Grundfitness, Ausdauer und Verbissenheit – was Kletterer brauchen
Ansonsten ist alles erlaubt. Sogar eine gewisse Verbissenheit dürfe an den Tag gelegt werden, um das Leistungsniveau anzuheben. Neben Ehrgeiz bräuchten Kletteraspiranten außerdem eine gewisse Grundfitness und Ausdauer. Wer sich durchbeißt, der kann bei dem ganzheitlichen Sport auch abschalten. „Es ist ein befreiendes Gefühl, wenn man auf dem Gipfel steht und den Ausblick genießen kann“, sagt sie.
Auch was das Alter betrifft, kennt Klettern steil nach oben keine Grenzen. Peter Lückmann und Hans Tannert, die beide mit 87 Jahren zum Urgestein der Sedlitzer Bergfreunde gehören, haben die Landmarke bereits bezwungen. Mit der Vereinsgründung im Jahr 1961 dürften beide auch maßgeblich dafür verantwortlich sein, dass es den Sedlitzer Kletterfelsen heute überhaupt gibt.
So fing alles an: Wie Peter Lückmann (87) den Stein ins Rollen brachte
„Mit dem Mönchsturm in Rathenau bestieg ich als 15-Jähriger meinen ersten Gipfel“, erzählt Peter Lückmann. Damals wohnte er in Zittau in der Oberlausitz. „Wir kraxelten überall rum“, erzählt er, „und wir konnten nicht mehr aufhören.“ Später wurde man im Braunkohlewerk Sedlitz auf die beiden Betriebsingenieure aufmerksam. Bald darauf wurde in der Betriebssportgemeinschaft „Aktivist Sedlitz“ eine neue Sektion aufgemacht.
„Im Sommer fingen wir an, die Klettergruppe aufzubauen“, erzählt er. Anfangs wurden vor allem die Mitglieder aus der Sektion Wintersport gewonnen. Etwa 30 aktive Kletterer waren es dann bis zur Wende. Bis 2013 im Vorstand, ist Peter Lückmann heute als einfaches Mitglied dabei. Ein bis zwei Mal im Monat geht er noch klettern. „Ich kann nichts anderes“, sagt er.
Sylvia Peschk (42) will Klettern als Familiensport nicht mehr missen
Auch Sylvia Peschk (42) will das Hobby als Familiensport nicht mehr missen. „Ich habe das Klettern erst 2016 mit den Kindern begonnen“, erzählt sie. Die Bewegung in der Natur mache den Kopf frei. „Man muss sich auf das Wesentliche konzentrieren, also überlegen, wo die Griffe sind, damit man sich am Berg richtig verhält“, erklärt sie.
Ursprünglich aus Senftenberg, zog es sie beruflich nach Dresden. Dort habe sie das Wandern entdeckt. Später kamen die Klettersteige der Sächsischen Schweiz dazu. Zurück in Sedlitz, wurden sie und Ehemann Enrico Peschk Mitglieder im Verein der Sedlitzer Bergfreunde. Während er inzwischen die Familienwandergruppe betreut, assistiert Sylvia Peschk bei den Ausfahrten der Kinder- und Jugendgruppe.
Von wegen nur Hallentraining: Wohin der nächste Ausflug geht
„Zum Sichern werden immer viele Erwachsene gebraucht“, sagt sie. Das Klettern sei nicht auf das Hallentraining beschränkt. „Für viele Aktivitäten treffen wir uns draußen.“ So geht es am 24. September wieder an den Rothsteiner Kletterfelsen ins Elbe-Elster-Land.
Wann der zweite Bauabschnitt eröffnet wird
Der Sedlitzer Kletterfelsen ist zur Eroberung freigegeben. Wie der federführende Verein der Sedlitzer Bergfreunde mitteilt, ermöglichte die Unterstützung des Projektes durch viele Partner, Freunde, Sponsoren und Befürworter aus den kommunalen sowie behördlichen Bereichen, dass nach nur fünf Monaten der erste Bauabschnitt – die „Schulter“ – nutzungsfähig fertiggestellt werden konnte. Neben „normaler Wandkletterei“ können sich die Gipfelstürmer auch an „Rissen“ abarbeiten. Wie Ulli Hoika, Chef der Arbeitsgruppe, erklärt, soll später auch „Kaminkletterei“ möglich sein. Sowohl Anfänger als auch Experten sollen hier auf ihre Kosten kommen; und für die Kinder stehen drei kleine Boulderfelsen bereit, wie Ulrich Hoikas Stellvertreter Michael Vetter ergänzt. Das eigentliche Highlight – der 15 Meter hohe Turm – soll im zweiten Bauabschnitt in 2024 dazukommen. Senftenbergs Bürgermeister Andreas Pfeiffer (CDU), der nach eigener Aussage selber gern in den Bergen Urlaub macht, hat den Einweihungstermin am 24. August 2024 schon rot angestrichen.
Bild zur Meldung: Innen ein Gerippe aus Stahl, und außen eine Haut aus Spritzbeton, dazwischen geflochtener Draht: Die Landmarke "Sedlitzer Kletterfelsen" wurde am 24. August 2023 offiziell zum Klettern freigegeben. Der Andrang war riesig.© Foto: Rita Seyfert